Im Geschäftszimmer des Bauhofs geht die Tür auf und die beiden Vorabeiter Markus F. und Peter H. kommen mit ihren Wochenstundenmappen herein. Petra B. tritt an den Tresen und nimmt die Mappen in Empfang. „Na Markus, irgendwelche Besonderheiten?“ „Tja… Zwei Mann aus der Grünkolonne sind krank geworden und hatten ihre Zettel noch nicht geschrieben. Bei drei neuen Aufträgen liegen die Nummern noch nicht vor – Ich weiß gar nicht ob das Einzelaufträge oder Zusatzaufträge werden. Bei den beiden Aufträgen für die Baumpflanzung hat uns der Fachbereich immer noch nicht gesagt, welche Bäume wir setzen sollen und der Plan dazu fehlt auch.“ „Und bei dir Peter?“ fragt sie. „Der Zettel von der Schachtkontrolle sieht nicht so toll aus, ich hoffe Du kannst es lesen. Im Lager war am Donnerstagmittag keiner – haben uns das Material dann selbst zusammensuchen müssen - da fehlen noch die Artikel-nummern. Auf dem Parkplatz des Freibads hat‘s wohl ‘ne Party gegeben, da liegt jede Menge Müll – hab’s mit meinem Handy fotografiert – wie kriegen wir das jetzt in die Akte?“ Achselzucken. „ Na dann…“ Im Gehen ruft sie ihnen noch zu: „Die Stundenzettel vom Ronny und Sigi sind diesmal hoffentlich mit Druckbuchstaben geschrieben und nicht wieder mit ihren Doktorgekritzel!“
So oder so ähnlich dürfte es sich wohl in den Geschäftszimmern vieler Bauhöfe immer wieder mal zutragen, wenn die handschriftlichen Stundenzettel abgegeben werden. Danach geht die Arbeit dort erst richtig los:
Vollständigkeits- und Lesbarkeitskontrolle, Rückfragen, Abtippen der Zettel ins Abrechnungsverfahren mit allen Abrechnungsdaten des Personals sowie der Fahrzeuge und Geräte, Materialentnahmen buchen, Überstunden ermitteln und eingeben, Überstunden- und andere Zuschläge berechnen und eingeben, Bereitschaften sowie die Zuschläge ermitteln und eingeben, Soll-/Ist-Vergleiche, Stundenkonten führen, …
Bei den Technischen Diensten der Stadt Euskirchen (TD) hat man die Einführung von Newsystem® des Herstellers Axians Infoma GmbH Ende letzten Jahres zum Anlass genommen, mit der Zettelwirtschaft, dem Hinterherlaufen hinter Informationen der Auftraggeber und der ständigen Suche nach unvollständigen, ganz fehlenden und unleserlichen Angaben aufzuräumen.
Neben der bereits beschlossenen Einführung der Finanzbuchhaltung von Newsystem® bei der Stadt Euskirchen und ihren eigenbetriebsähnlichen Tochterbetrieben wurde zudem für die TD die Einführung einer modernen, effizienten und mit der Finanzbuchhaltung verknüpften Digitalisierungslösung für die Auftragsbearbeitung bei der Südwestfallen-IT (SIT) beauftragt. Die Software Newsystem® bietet hierzu das Modul „Kommunale Betriebe (KB)“ in der Basisversion mit der Ressourcenverwaltung von Personen und Maschinen und der Auftragsabrechnung an. Für den Start zum 01.01.2020 wurden die KB-Zusatzmodule Web-Auftrag, Lagerwirtschaft und mobile Datenerfassung zusätzlich eingeführt.
Ziel war es, von der Auftragserteilung der vielen Einzelaufträgen und Zusatzaufträgen für bestehende Daueraufträge (das Volumen beläuft sich auf rund 2.000 individuellen Beauftragungen pro Jahr) seitens der Fachbereiche der Stadt Euskirchen bis zur Rechnungsstellung (ca. 250 Rechnungen pro Monat) an die städtischen Debitoren einen durchgängigen digitalen Prozess zu gestalten.
Dieser sollte es dem städtischen Auftraggeber ermöglichen über ein vordefiniertes Formular browser-gestützt einen Auftrag zu erteilen und diesen mit Anlagen (Plänen/Zusatzanweisungen/Fotos) zu ergänzen. Der Auftragnehmer sollte diesen in der Finanzsoftware in einen Arbeitsauftrag inklusive der vorhandenen Anlagen überführen können. Ggf. sollten Unklarheiten vorab per E-Mail mit den Auftraggebern geklärt und dokumentiert werden. Die neuen Arbeitsaufträge waren so einzurichten, dass sie der zugeordneten Kolonne in der MDE-App (mobile Datenerfassung) auf ihren Smartphones oder Tabletts zur Verfügung standen. Hiermit sollten die Stunden des Personals und der Fahrzeuge/Geräte sowie die Lagermaterial-entnahmen erfasst und jeweils am Ende des Arbeitstages inklusive ggf. notwendiger Notizen und zu dokumentationszwecken aufgenommener Fotos an die Finanzsoftware zurückübertragen werden. Die Bereichsleiter, als fachliche Kontrollinstanz, sollten die Vollständigkeit prüfen und die Daten dann an die Buchhaltung inklusive der Meldung erledigter Aufträge weiterleiten, wo sie neben ggf. vorhandener Fremdrechnungen, auf die Aufträge verbucht werden sollten. Abschließend sollten die Aufträge fakturiert und per Datei an die Stadtverwaltung zum Import in den dortigen Rechnungsworkflow übermittelt werden, wo sie durch die entsprechenden Kontierungsvorlagen direkt in den Prüf- und Buchungsprozess übernommen werden.
Der gesamte Einführungsprozess wurde vom SIT-Berater aus dem Bereich des Finanzconsultings für Newsystem® Jörg Pötzschmann begleitet. „Hier bestand die große Herausforderung darin, neben dem Umstieg vom Vorverfahren, bei dem keine Digitallösungen eingesetzt wurden, alle Erfordernisse der städtischen Fachbereiche, der Betriebs- und kaufmännischen Leitung und nicht zuletzt der Kolonnenmitarbeiter, so umzusetzen, dass sich alle mit ihren Anforderungen sowie Bedürfnissen wiederfinden und sich zudem eine Effizienzsteigerung in den Abläufen feststellen lässt.“
Anfang des II. Quartals 2019 begannen die Arbeiten mit einer Analyse des Istzustands und der Festlegung des zu erreichenden Ziels, bevor Mitte 2019 die Umsetzung begann. Mit dem kaufmännischen Leiter der TD, Jörg Makowski, hatte ich einen Partner, der sowohl Kenntnisse aus dem Verfahren Newsystem® als auch genaue Vorstellungen über die umzusetzenden Erfordernisse mitbrachte.“ Dies mündete zunächst darin, die Möglichkeiten der Software im Bereich KB seinerseits kennen zu lernen und für die Belange der TD auszuschöpfen.
Jörg Makowski äußerte sich wie folgt dazu: „Neben den täglichen Aufgaben war dies eine zusätzliche Belastung. Jedoch war allen Beteiligten bewusst, welch große Chance hierin bestand. Die bisherige Vorgehensweise mit Ausfüllen der Tagesberichte und deren Erfassung war nicht mehr zeitgemäß und band Ressourcen, die in keinem Verhältnis zum erzielten Erfolg stand. Ziel war es hier eine deutliche Verbesserung bzw. Erleichterung für alle Beteiligten zu erzielen. Hier hatte ich mit Jörg Pötzschmann einen echten Fachmann und ständigen Ansprechpartner an meiner Seite. Gemeinsam sind wir diese Mammutaufgabe angegangen und haben meiner Meinung nach ein hervorragendes Ergebnis erzielt.“
Nach vielen Gesprächen konnten die Ergebnisse dem Betriebsleiter präsentiert werden. Dann begann die eigentliche Arbeit mit der Definition der Stammdaten in der Software, der Installation der App auf den Smartphones/Tabletts und der Schulung der Mitarbeiter in der Buchhaltung sowie dem Lager. Die Abläufe wurden anschließend den Auftraggebern der Stadtverwaltung und den Kolonnenmitarbeitern präsentiert. Die anschließende Testphase im November brachte dann noch einige redaktionelle Änderungen mit sich, die bis zum Produktionsstart umgesetzt werden konnten. „Am Anfang läuft es immer etwas holperig. Alle müssen sich erstmal an die neuen Abläufe und die Bedienung gewöhnen“ so Jörg Pötzschmann. Nach dem ersten Erfassungsmonat wurden Mitte Februar dann mit der Rechnungsstellung für die städtischen Debitoren, wenn auch noch ohne Import in den bisher nicht beauftragten Rechnungsworkflow, ein erstes Resümee von Jörg Makowski gezogen: „Die anfängliche Skepsis der Mitarbeiter verflog relativ schnell und das Projekt wurde gemeinsam konstruktiv angegangen, diskutiert, nachgebessert und verfeinert. Allen war bewusst, dass es nach einer Übergangszeit zu einer spürbaren Erleichterung der Arbeitsprozesse kommen wird. Natürlich gab es hier und da Verbesserungsbedarf, aber auch das war allen Beteiligten durchaus bewusst.“
Nach nunmehr einem Dreivierteljahr Erfahrung bei allen Beteiligten, über 1.700 erteilten Web-Aufträgen aus der Stadtverwaltung, 300 laufend abzurechnenden und 140 internen Daueraufträgen, 800 abgerechnete Einzelaufträge und einem Umsatz von 4.750.000€ in über 2.200 Ausgangsrechnungen sowie mehr als 36.000 Buchungen auf Personen, 38.000 auf Fahrzeuge und Geräte und 5.000 auf Lagerartikel blickt Jörg Makowski stolz auf das vergangene Jahr zurück: „Ich sehe uns in unserer Arbeit – vor allem in Verbindung mit Jörg Pötzschmann – bestätigt. Der erbrachte Aufwand, Fleiß, Schweiß, Wut und so mancher Frust haben sich gelohnt. Es ist noch nicht alles perfekt und es fallen immer noch in der täglichen Arbeit Fehler auf, aber mit einem motivierten und erfolgsorientierten Team bin ich guter Dinge, auch dies abzustellen und zukunftssicher zu gestalten.“
Zur Perspektive erläutert Jörg Pötzschmann „Es ist noch Potential bei der Einführung weitere Zusatzmodule bei den TD in Euskirchen auf dem Weg in die digitalisierte Welt von Newsystem® in Kooperation mit der SIT vorhanden. Der Import der Rechnungen in den digitalen Rechnungsworkflow bei der Stadt steht noch aus, was die Papierflut deutlich eindämmen würde. Eine weitere App für die mobile Objektkontrolle (MOK) für die regelmäßigen Kontrollen von Spielgeräten, Bäumen und anderen dokumentationspflichtigen Arbeiten als Ergänzung zur MDE-App kann ich mir ebenso bei den TD vorstellen, wie die Einführung des Moduls ‚TVöD‘ zur automatisierten Ermittlung von Überstundenzuschlägen und Weiterleitung aller zahlungsrelevanten Zuschläge an das Personalverfahren“.
Wir bleiben dran…